Jahrzehntelang war Deutschland international eine Besonderheit: Während es in allen Nachbarländern schon lange eine Partei rechts der gemäßigten Konservativen gab, galt in der Bundesrepublik stets, was Franz Josef Strauß einmal als große Aufgabe von CDU/CSU beschrieben hat: Rechts der Union darf es keine Partei geben. 60 Jahre lang passte zwischen CDU/CSU und die Wand kein Blatt. Mit der AfD hat sich das geändert.
Wichtige rechte Intellektuelle, Strategen und Aktivisten sehen in der AfD viel mehr als ein Korrektiv. Sie haben den Liberalen, den gemäßigten Konservativen und den Linken den Krieg erklärt. Ihr erklärtes Ziel: Staat und Gesellschaft sollen autoritärer, nationalistischer, ungleicher werden. Die Angegriffenen spulen seit Jahren die üblichen Reflexe ab. Sie zeigen sich empört angesichts der Stärke der AfD, sind alarmistisch oder üben sich in Durchhalteparolen.
Wir wollen einen anderen Weg gehen: Man muss den Gegner kennen, um ihn zu schwächen. Erst wenn wir die Inhalte, Strategien und Entwicklung der radikalen Rechten verstehen, können wir zukünftige Entwicklungen abschätzen und wirksame Gegenstrategien entwickeln. Dieser Newsletter möchte dazu einen Beitrag leisten. Für eine ehrliche Analyse ohne Schaum vor dem Mund müssen wir uns fragen, was die Rechte in den vergangenen Jahren besser gemacht hat als das Establishment und die linke Alternative.
Was die Rechte besser macht
Die Neue Rechte war in den vergangenen Jahrzehnten nicht untätig. Systematisch hat sie sich einen Kanon von Denkern, Theorien und Institutionen aufgebaut, den sie gezielt an ihren Nachwuchs weitergibt. Die junge Elite der Rechten liest heute selbstverständlich Karlheinz Weißmann, Götz Kubitschek, Armin Mohler, Alain de Benoist, Carl Schmitt und Arnold Gehlen.
Rund um den Antaios Verlag und die Zeitschrift Sezession ist in Schnellroda in Sachsen-Anhalt eine rechte Kaderschmiede entstanden, die es so auf der Linken nicht mehr gibt. Auch andernorts sprießen und gedeihen mit dem Erfolg der AfD immer mehr rechte Institutionen: Die Wochenzeitung Junge Freiheit betreibt etwa seit einigen Jahren ein gut finanziertes Ausbildungsseminar für angehende Journalisten, ähnliches gibt es bei dem recht jungen Online-Portal Apollo News. Und bei NIUS lockt man den Nachwuchs gleich mit dem großen Geld.
Diese intensive Theorie-, Netzwerk- und Strategiearbeit, verbunden mit der knallharten Ausbildung ihres Nachwuchses, erklärt zum Teil, wie die radikale Rechte nicht nur die AfD kapern, sondern sie trotz eines rabiaten Radikalisierungskurses zur stärksten Oppositionspartei machen konnte.
Aber auch die Konkurrenz macht es der AfD allzu leicht: Die etablierten Parteien – verantwortlich für den Stillstand der letzten Jahrzehnte – haben aus Politik Management gemacht, reden anstatt über Inhalte über Kommunikationsfehler, interessieren sich mehr für technische und pragmatische Lösungen als für Gesellschaftsentwürfe und wundern sich nun, dass sie dem Aufstieg der Rechten kaum etwas entgegenzusetzen haben. Es gelang weder dem liberalen Zentrum noch der Linken Antworten auf die Fragen zu finden, die sich aus der grundsätzlichen Krise von Staat, Gesellschaft und Wirtschaftssystem ergeben. Kein Wunder, dass die etablierten Parteien sprachlos sind, wenn jemand kommt, der noch weiß, wofür er kämpft.
Die Lücke schließen
Dabei wächst die reale Gefahr: Eine schwarzblaue – oder gar blauschwarze – Bundesregierung ist längst nicht mehr das unrealistische Ziel derjenigen, die sowieso Tag für Tag versuchen, die Brandmauer zwischen AfD und Union abzureißen. Vielmehr muss man fest damit rechnen, dass es in den nächsten Jahren dazu kommt. Und trotzdem sind weder das Establishment noch die Linke auf eine Regierungsbeteiligung der AfD vorbereitet.
Das liegt auch daran, dass sich viele von uns weigern, sich mit rechtem Denken, mit den Ideen, Widersprüchen und Kämpfen innerhalb der Rechten auseinanderzusetzen. Noch immer dominieren irreführende Vereinfachungen: Einige denken offenbar, Rechte seien eigentlich dumm und ewiggestrig, Politiker und Journalisten zeigen sich noch immer merkwürdig überrascht, wenn sie mit rechten Intellektuellen konfrontiert sind. Andere meinen, rechte Intellektuelle seien letztlich bloß die ewige Wiederkehr der Nazis. Und dann gibt es noch eine große Menge an Leuten, die sich am liebsten gar nicht mit der Rechten auseinandersetzen wollen und bloß hoffen, dass es schon nicht so schlimm wird.
Auch die Angst, den Rechten eine Plattform zu bieten, lässt zu viele davor zurückschrecken, sich mit ihnen und ihrem Denken auseinanderzusetzen. Was daraus werden kann, sieht man in den USA: Mehrere Jahre lang konnte man in der Illusion leben, die Gefahr durch Donald Trump sei gebannt – er tauchte schließlich nicht mehr auf den Social Media Feeds auf, sondern postete nur noch auf seinem eigenen Netzwerk. Wer nur die New York Times las, konnte in dem Glauben leben, bald schon sei Trump weggesperrt und unter Kamala Harris würde alles wieder gut. Als Trump die Wahl dann erneut gewonnen hat, war man unvorbereitet und hatte weder ihm noch den ausgefeilten Plänen seines Teams etwas entgegenzusetzen. Daran hat sich auch fast ein Jahr nach seiner Wahl nichts geändert.
Das sollte uns nicht passieren.
Es ist also an der Zeit, sich mit den Rechten auseinanderzusetzen. Die Formate der etablierten Medien, für die wir beide als Journalisten bisher hauptsächlich tätig waren, können dabei oft nicht genug Tiefe bieten, die es für so ein Unterfangen braucht. Darum starten wir unseren Newsletter Über Rechts.
In diesem Newsletter durchleuchten wir systematisch:
Die theoretischen Grundlagen rechten Denkens
Die Netzwerke und Machtstrategien der AfD
Spaltungslinien und interne Machtkämpfe des rechten bis rechtsradikalen Milieus
Die gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen Verhältnisse, die den Aufstieg der Rechten begünstigen
Wie die Rechten an politische Macht kommen könnten – und wie sich das verhindern lässt
Was wir von den Rechten lernen können
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Es geht dabei nicht um voyeuristische Beobachtung, sondern darum, unsere strategische Lage zu verbessern: Nur wer die Gedankenwelt und Strategien des Gegners versteht, kann die eigenen Argumente schärfen und offene Flanken erkennen. Erst die Konfrontation mit radikal fremden Positionen zeigt, wo demokratische, linke oder liberale Überzeugungen verwundbar sind.
Natürlich hat niemand Lust oder Zeit, sich den ganzen Tag anzuschauen, anzuhören oder zu lesen, was die rechte Szene publiziert. Deshalb gibt es uns: Wir beobachten die Rechten, damit ihr es nicht müsst.
Erste Texte gibt es schon jetzt: Zum Start unseres Newsletters analysiert Sebastian, wieso bislang alle Strategien gegen die AfD gescheitert sind. Nils seziert außerdem die rechte Parteienkritik. In Zukunft gibt es mindestens einen weiteren Text pro Woche, bei Bedarf auch mehr.
Für diesen Newsletter lesen wir nicht nur Bücher, sondern recherchieren. Sich mit Quellen zu treffen, unsere Fakten zu überprüfen, mit den Protagonisten der Rechten zu sprechen: Das alles kostet viel Zeit. Um wirklich unabhängig zu bleiben und nur unseren Leserinnen und Lesern verpflichtet zu sein, betreiben wir das Projekt unabhängig von großen Medien. Um unsere Recherchearbeit über die Rechte zu ermöglichen, sind wir also auf Deine Unterstützung angewiesen.
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Sebastian & Nils



